06 Dezember 2009

Lechts vor Rinks: Piratenpartei unter Zugzwang

Wer die Bundestagswahl 2009 aufmerksam verfolgt hat, kam um den Begriff "Piratenpartei" nur schwer herum. Mit über 11.700 Mitgliedern ist sie mittlerweile die größte deutsche Partei hinter den Grünen. Der Schrei nach Freiheit, direkter Demokratie und einer Modernisierung des Patent- und Urheberrechts traf den Zeitgeist der jungen Generation auf den Punkt. Mit Stolz trug sie die Proteste gegen die Vorstellungen Frau von der Leyen's hinsichtlich getarnter Zensurmaßnahmen gegen das freie Internet. Doch nun geht es in stürmische Gewässer.


Eines schien dabei für die Seeräuber besonders an der Zeit: Die Abkehr von ideologischer Politik hin zur Sachlichkeit. Aaron Koenig, Mitglied im Bundesvorstand der Piratenpartei, brachte es in einem ZDF-Interview folgendermaßen auf den Punkt:

"Die Piratenpartei ist ja glücklicherweise weder links noch rechts, sie hat einfach nur das Ziel, bessere Lösungen zu finden, als die Anderen."

Endlich eine Partei, die sich den Themen und der Wissenschaft widmet, offen und unvoreingenommen diskutiert und die Parole konsequent meidet. Das dachten sich wohl auch die, die so oft als politikverdrossen abgestempelt wurden, und nun unterstützen immer mehr solcher Menschen die Partei mit der Piratenflagge.

Es sind viel mehr die zähen politischen Strukturen, so scheint es, die das Volk vom Wählen und dem politischen Diskurs abhalten. So hört man es auch oft aus piratigen Reihen. Tatsächlich: befragt man Menschen, wieso sie, wenn sie es denn sind, politikverdrossen sind, hört man oft Sätze wie "Die machen doch sowieso was sie wollen.", "Meine Stimme ist nichts wert" oder ähnliches. Die eigene Stimme geht in der Masse unter, der mitmach-Faktor steht nahe bei Null. Und genau das ist es, was die Piratenpartei über ein besonderes Maß an Potenzial verfügen lässt, vor allendingen in Anbetracht jüngerer Generationen: Sie lässt den Bürger die Basisdemokratie erfahren, wenn auch derweil nur Parteiintern.
Doch um als Partei ernst genommen zu werden, muss man sich dem Verständnis, wie man denn nun Politik zu machen hat, unterwerfen. Das aber zerstört das Fundament ihrer Bedeutungskraft.

Die Aufruhr um das Interview mit dem von einigen Verfassungsschutzbehörden als rechtsextremistisch eingestuften Wochenblatt "Junge Freiheit", erhöhte den Druck auf die Partei ungemein, nachdem schon Bodo Thiesen "rechte Worte" von sich ließ. Dieser Druck, sich gewissen Schubladen fern zu halten, kann dazu führen, dass die Mitglieder der Piratenpartei nun versuchen, aufgrund des hohen Drucks sich positionieren zu müssen, die Partei dahin zu zerren, wo ihr bisheriges Verständnis liegt, die besten Lösungen finden zu können. Doch eine wissenschaftliche Analyse, wie man sie eigentlich bei den Piraten erwartet, bleibt in so einem Taumel aus. Viel mehr wird die Partei dadurch "vermainstreamt" und verliert ihren ursprünglichen, aus meiner Sicht äußerst lobenswerten, Charakter.

Das nicht-positionieren, was zu Anfang der Partei als vernunftbegabt und lobenswert vermerkt wurde, scheint bei den Piraten so langsam den Stolperstein darzustellen, der sie davon abhält, als "echte Politiker" anerkannt zu werden.

Es stellt sich am Ende die Frage, was die Piratenpartei in Form aller in ihr beteiligten Menschen erreichen will. Ist es eine neue, sachliche und eine der sich der Ideologie abwendenden Politik, die zu Anfang unerschütterlich verteidigt wurde? Oder wollen die Piraten tatsächlich ihr Fundament für die Wählergunst opfern? Was nützt denn die Wählergunst einer Partei, die nicht mehr die Ziele vertritt, die ihre Identität darstellte?

Wenn die Piratenpartei nicht so enden will, wie es die Grünen einst erleben mussten, so muss sie nun mit erhobener Brust öffentlich darstellen, welche Politik sie vertritt, dass sie nicht in das alte Schema hineinpasst. Das "rechte Gedankengut" widerspricht den Werten der Piratenpartei, doch eine Abgrenzung in Form von "Schubladendenken" entspricht nicht der ursprünglichen Partei. Sie muss sich öffentlich ihrer Sachthemen-Politik bekennen. Dies würde unweigerlich auch das Echo der Fälle Bodo Thiesen und Junge Welt abschwächen und ein wichtiger Parteikern bliebe erhalten.

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